Strinterwunderland

 

 

Ganz weit fort in einem kleinen Ort, gab es einstmals ein großes Altersheim.

Tag um Tag schufteten dort viele Handwerker, die bis zum heiligen Abend das Heim von oben bis unten renovieren sollten.

Darunter auch Paulchen Planke, seines Zeichens Bodenleger und Polsterer, Sascha Schlitz der Elektriker und Freddy Farbklecks als Maler.

Diese drei hatten es Faustdick hinter den Ohren. Nicht nur das sie sich immer wieder gegenseitig im Weg standen, sie bauten dadurch auch noch jede Menge Chaos. So auch gestern.

 

Wenn Paulchen gerade den Kleber verstrichen hatte, landete im nächsten Augenblick Freddys Fuß darin. Natürlich unabsichtlich.

Oder anders herum, also wenn Freddy mit einer Wand fertig war, fiel Sascha plötzlich ein der Schlitz für ein Kabel fehlte ja noch.

Keiner wusste wie doch sie schafften es dennoch pünktlich zu Heiligabend fertig zu werden, somit also gestern.

In der Mittagspause saßen sie schließlich sichtlich kaputt mit den anderen Gewerken im größten Raum der letzten Etage. "eigentlich brutale Verschwendung.", sagte plötzlich einer der Fliesenleger und deutete auf den Rest des noch vorhandenen Arbeitsmaterials, das wild im Raum verteilt lag.

Da kam Sascha Schlitz eine wunderbare Idee. "Seht euch alle mal um wie trist es hier ist. Die kahlen Wände, keine Bilder, nichts was Freude macht.

Und das am Weihnachtsabend. Lasst uns das restliche Material vor der Mülltonne bewahren und den  Bewohnern hier eine unvergessliche Winterlandschaft bauen.", rief er aus.

 

Begeisterung ging durch die Menge aus 30 Handwerkern. Der Dachdecker, der Flickarbeiten auf dem Dachboden gemacht hatte, schnappte sich seine Dämmwolle und warf sie zu Freddy. "Hier Freddy, pinsel die an das wird unser Trockenschnee.", rief er ihm zu.

Der Malermeister war sofort Feuer und Flamme. Es dauerte gar nicht lange schon flogen kleine Dämmwolle-Schneebälle auf der Etage herum.

Nachdem er sie angemalt hatte piekste sie auch nicht mehr, das war ein Vorteil. Als nächstes baute der Trockenbauer aus übrigen Stellwandteilen eine begehbare Holzhütte. Dazu spendierte der Fensterbauer zwei kleine Fenster und der Fliesenleger kleisterte die Außenwände mit Fliesenresten zu. Dadurch wurde die Hütte zu einem riesigen Mosaik. Sie strahlte wie ein Eispalast. Zumindest dann wenn man sie anleuchtete.

Selbst danach hatte der Trockenbauer noch genug übrig um zusammen mit den Tischlern neue Tische und Stühle zu bauen. Dabei arbeiteten sie Verschnörkelungen ein und fügten dem Gesamtbild sogar eine Leseecke mit kunstvollen Schaukelstühlen hinzu.

Nachdem sie fertig waren, stand auf einmal der Hausmeister mit seinem Kollegen in der Tür. Die zwei sahen sich die Baustelle an und staunten nicht schlecht als sie  die improvisierte Dekoration erblickten. Der Chef-Hausmeister klatschte bewundernd in die Hände. "Es ist mir schleierhaft, wie ihr das so schnell hinbekommen habt aber das ist großartig. Ich würde ja ein paar große Lichterketten beisteuern aber alle gesammelten Ketten sind verheddert und kaputt.", sagte er. "Das werden meine Juns schon hinkriegen bring sie nur her.", warf Sascha ein. Seine Azubis und Gesellen nickten zustimmend.

Der Co-Hausmeister rannte sofort los und kam schon wenig später mit 3 großen Kartons Tannenranken und Lichterketten wieder.

Die Elektriker stürzten sich auf die Ketten und alle anderen dekorierten die Tannenranken.

 

Eine Stunde später leuchteten alle Etagen im weihnachtlichen Glanz. Sämtliche Baustellen-Absperrtüren wurden abgebaut.

Zögerlich kamen die Bewohner auf ihre Etagen zurück. Überall war Lächeln auf ihren Gesichtern zu sehen und dutzende Augenpaare funkelten wie kleine Diamanten. Jeder einzelne bedankte sich bei den Handwerkern. Sie geleiteten die Handwerkerschar unter begeistertem Applaus bis hinunter in den Hof.

"Frohe Weihnachten!", riefen sie jedem einzelnen Fahrzeug nach, das vom Hof fuhr.

 

 

Noch Jahre nach ihren Taten waren alle jener Handwerker das Gespräch im Ort. Sie allein hatten es geschafft Frieden und Freude zu schaffen im tristen Gleichsein der Altersheimwände. Was sie an jenem heiligen Abend geschaffen hatten ging in die Ortschroniken ein als "Strinterwunderland" zu Ehren von Sascha Schlitz, dessen Idee es gewesen war. Sozusagen ein Strom-Winterwunderland. Diese Handwerksjungs wurden von da an jedes Jahr zur Weihnachtszeit von allen möglichen Kindergärten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen gerufen wenn es an Freude fehlte.

Abertausende von briefen kamen von überall her aus anderen Städten. Als erstes erreichten sie Sascha Schlitz, der dann seinerseits alle anderen Handwerker informierte. Jeder wollte sein ganz eigenes Strinterwunderland.

 

 

©Sabrina Goebel

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