Tierheim Schneeflocke

 

 

Für viele wie auch mich hat ein Tag im Tierheim kaum Abwechslung.

Nur Tage, an denen wir mit Freiwilligen spielen oder spazieren gehen, sind für uns schön.

Und am meisten wundert mich an euch großen Zweibeinern was ihr uns für  Namen gebt und warum ihr an ein paar Tagen im Winter plötzlich so merkwürdige Sachen im Tierheim aufhängt. Das wir gleichzeitig von einem Zweibeiner gewaschen und gekämmt werden ist ja ganz toll aber die bunten Schleifchen, die wir danach um den Hals tragen müssen, sind nervig. Sie jucken und lassen sich nicht entfernen. Viel lieber hätte ich so eine schicke Kette wie Kaspar, der große Dalmatiner, der gestern mit ein paar fremden Zweibeinern mitgegangen ist. Ich bin zwar erst vor einer Woche auf die Welt gekommen aber ich sehe jeden Morgen deutlich, dass an der Wand hinter dem großen Tisch, neben der Eingangstür noch unzählige hübsche Ketten hängen. Auch meine zwei Brüder sind heute morgen durch die Tür gegangen und haben so ein schönes Band um den Hals getragen. Mama hat mir gesagt ihr nennt uns "Katzen". Und Katzen wie wir kriegen nur so ein Band wenn uns einer von euch Zweibeinern adoptiert. Aber so sehr ich mich auch anstrenge, mich möchte keiner haben. Selbst nicht zu diesem Fest, das ihr "Weihnachten" nennt. Dabei habe ich so ein schönes weißes Fell.

Gerade eben hat mich wieder ein kleiner Zweibeiner beim Spielen beobachtet. Doch er hat nur geschaut und hinterher den Terrier aus dem Käfig gegenüber mitgenommen. Dabei habe ich ihm sogar meine Pfote durchs Gitter entgegen gestreckt. Seitdem kam niemand mehr. und die Vordertür wurde abgeschlossen. Traurig kuschelte ich mich ins Nebelgraue Fell meiner Mutter und versuchte zu schlafen. Mama leckte mir tröstend über die Stirn. "Eines Tages, mein kleiner Stern, eines Tages.", flüsterte sie.

 

Mitten in der Nacht wurde ich jäh aus meinen Träumen gerissen, als ein lautes Klopfen von der Vordertür zu vernehmen war.

Energisch pochte es wieder und wieder an der alten Metalltür, bis sich die Besitzerin des "Tierheims"  erbarmte und die fünf Schlösser öffnete, die sie verschlossen hielten. Jedenfalls klickte es 5 Mal kurz hintereinander bevor die Tür nach außen aufschwang. Ich kroch gähnend zum Gittertor unseres kleinen Käfigs und sah zu, wie zwei Zweibeinerinnen stritten. Anscheinend war die Besitzerin das Muttertier von der anderen weiblichen Zweibeinerin, die jetzt im Käfigflur stand. So wie es aussah wollte die neue Zweibeinerin unbedingt ein bestimmtes Tier zu Weihnachten bekommen doch ihr Muttertier protestierte und wollte nicht, das sie es sich aus diesem Tierheim aussuchte. Doch die junge Zweibeinerin schnappte sich wütend zwei schwarze Bänder von der Wand hinter dem Tisch und ging durch die Reihen aus Gitterkäfigen, in denen auch meine Mutter und ich waren. Direkt vor unserem Käfig blieb sie stehen. Der Haken an der Tür klickte und die kleine Gittertür öffnete sich. In dem Moment als sich ihre warmen Finger um meinen Bauch schlossen und mich behutsam vom Boden aufhoben, konnte ich es gar nicht fassen. Einen kurzen Augenblick streichelte sie mich dann packte ihre weiche Hand die Schleife an meinem Hals und zog sie auf. Das bunte kratzende Band segelte zu Boden und wurde von ihren Füssen in den Staub getreten. Das Getrampel weckte meine Mutter. Diese kam sprungbereit aus ihrer dunklen Ecke geschlichen und beäugte die Zweibeinerin misstrauisch. Daraufhin hockte sich selbige zu ihr hinunter und setzte mich ihr vor die Nase. Meine Mutter begrüßte mich mit einem leisen Maunzen. Ihr Gesicht strahlte vor Freude, als sie das schwarze Halsband erblickte, das ich nun trug. Die Zweibeinerin zog das zweite Band aus ihrer Tasche und streckte es meiner Mutter auf der flachen Hand entgegen. Erst verstand ich nicht, doch nachdem ich begriffen hatte, was sie damit bezweckte, sprang ich vor Freude in die Luft. "Frohe Weihnachten, Snow, deine Mutter Shadowrose und du werdet ab sofort bei mir wohnen.", sagte sie und legte meiner Mutter das schwarze Band an. Zusammen mit der jungen Zweibeinerin fuhren wir zu einem großen Haus. Dort lernten wir ihre zwei Söhne kennen und erlebten eine riesige Überraschung. Denn auch ihre Söhne hatten jeweils eine Katze. Oder besser gesagt einen Kater. Das war das schönste Weihnachtsfest meines noch jungen Lebens. Ich durfte nicht nur bei meiner Mutter bleiben sondern konnte auch in Zukunft weiter mit meinen Brüdern spielen.

 

©Sabrina Goebel 

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