Weihnacht in Tropfehausen

 

In einer Höhle unter den tiefsten Tiefen des Gesteins, noch weit tiefer als der tiefste Fluss des Urgesteins reichen konnte, lebten kleine Kreaturen die nie etwas von Menschen gehört hatten.

Umgeben von unzähligen Stalagmiten und Stalaktiten lebten sie friedlich miteinander in den Schlössern und Städten, die die Wassertropfen über die Jahrhunderte hatten entstehen lassen. Das Einzige was von dort aus hoch hinauf ans eigentliche Tageslicht kam, waren die Fledermäuse, die  Nahrung herunter brachten. Nahrung die sich unten nicht anbauen ließ, wie beispielsweise Beeren und Kräuter.

Alles verlief in Harmonie und Eintracht. Bis sich eines Tages ein großer Bär in die Tropfsteinidylle der Höhle verirrte.

 

Sein Gebrüll ließ sie ganze Höhle erzittern. Die Minschlings - wie sich das unterirdische Volk selbst nannte - waren empört.

"Hey du alter Griesgram.", riefen sie aus ihren Häusern heraus, "Hier leben auch noch andere! Was machst du für einen Radau, du riesen Trampeltier?" Der Bär tapste mit seinem schweren Körper zu den Öffnungen im Gestein, in denen sie standen.

"Wer zum Kuckuck seid ihr denn? Na da hab ich mir ja einen tollen Platz zum schlafen ausgesucht.", grummelte er.

Der Bürgermeister der Minschlings hieb dem Bären mit einem schmalen Stock direkt auf die große Nase.

"Ich darf doch bitten. Du störst unsere Weihnachtsvorbereitungen, du riesiger Pelzklops, uns benimmst dich als würde dir hier alles gehören.

Wir sind die Minschlings und wir leben schon seit Jahrhunderten hier unten!"

Der Bär rümpfte empört die Nase. "Weihnachten? Was ist das?"

Erstaunte Blicke zogen sich durch die Reihen der Minschlings. Der Bürgermeister lachte. " Du weißt nicht was das ist? Na , das ist doch kein Wunder wenn du um diese Zeit schläfst. Pass auf, ich werde es dir zeigen. Unter der Bedingung das du meinem Volk kein Haar krümmst."

"Einverstanden.", brummte der Bär.

 

Den Bürgermeister auf seinem Kopf balancierend tapste er kurz darauf durch die Höhle und lauschte.

Um sie herum kletterten die anderen Minschlings durch die Höhle und schmückten diese mit Girlanden aus Kräutern und Beeren. Mit jeden Schritt und jedem erklärenden Wort des Bürgermeisters beruhigte sich der Bär mehr und mehr.

Plötzlich standen ein paar Minschlingskinder vor ihm. Beinahe wäre er mit seiner großen Pranke darauf getreten. "Für Meister Petz.", sagten die Kinder fröhlich und streckten ihm eine Girlande entgegen, die allein schon wegen ihrer Länge viel zu schwer für sie war.

Der Bär legte seinen Kopf ein wenig schief und betrachtete die Winzlinge die gerade einmal so groß waren seine Krallen.

"Wofür ist das?", schnaubte er. Die Kinder lachten. "Ein Geschenk. Das macht man so an Weihnachten."

Die Augen des Bären schielten zum Bürgermeister hinauf. Dieser nickte nur ermutigend. Schließlich ließ sich der Bär erweichen.

Vorsichtig banden die Kinder ihm die Girlande wie eine Kette um den Hals.

 

Von da ab und wohl auch wegen der Offenheit und Freundlichkeit der Minschlings, verschwand die Griesgrämigkeit des Bären und fortan feierte er zu Ehren dieses Tages jedes Jahr mit den Minschlings in Tropfehausen Weihnachten.

Im Frühjahr verließ er jedes Mal die Höhle, bis er schließlich pünktlich zum Winter und zur Weihnacht zurück kehrte.

Und das meistens mit Vorräten für sich und alle Höhlenstädte.

 

Drum sei wer teilt und anderen helfe mit dem Glück dieses Bären beschenkt, denn wer etwas Glück an andere schenkt, dem wird das Glück sich erkenntlich zeigen.

 

 

©Sabrina Goebel

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