Der Schneetänzer

 

 

Noch als kleines Kind sah ich ihn schon tanzen. Weit draußen in den Schneewehen.

Jedes Jahr war er wieder da draußen. Ohne Mütze und ohne Schal.

Er sah aus wie ein kleiner Schneeprinz. Leichtfüßig und grazil schritt er über die Eisfläche unter seinen Füßen.

Und so plötzlich wie er kam so verschwand er auch wieder. Zuletzt hatte ich ihn zur Weihnacht gesehen da war ich 14.

Das war nun 2 Jahre her. Seither hatte ich vergeblich gewartet.

 

Nun war ich junge 16 Jahre alt. Sozusagen mein 16. Weihnachtsfest auf Erden.

Stundenlang saß ich schon im Erkerfenster und starrte hinaus.

Ein Blinzeln und schon war er da. Und auch er war älter geworden.

Noch immer waren die gleitenden Bewegungen gleich doch der Junge war zu einem jungen Mann geworden. Nichts schien mich jetzt, wo ich ihn wieder gesehen hatte, in der Wohnung zu halten. Wie ein geölter Blitz sprang ich in Jacke und Schuhe. Schal und Mütze vergaß ich komplett. Mein Herz wollte so schnell wie möglich zu ihm.

 

Erst am Ufer des Eissees verlangsamte ich meinen Schritt wieder bis ich schließlich still stand. Da tanzte er. Nur noch wenige Meter von mir entfernt. Im nächsten Augenblick stand er vor mir. Auch wenn er einen schneeweißen Anzug trug, verschleierte dieser doch nicht seinen muskulösen Körper. Zwei Jahre hatte ich unentwegt an ihn denken müssen. Daran wie er seine Kreise zog, hier auf dem stillen See. Ich kannte jeden seiner Schritte im Schlaf.

Nun stand dieser Schneeprinz aus Kindertagen direkt vor mir und reichte mir die Hand.

Mein Herz sprang mir fast hinauf in die Kehle so sehr schlug es.

Der junge Mann nahm meine Hand und zog mich zu sich heran. Seine linke Hand legte sich um meine Hüfte, die rechte Hand verschränkte mit meiner die Finger. Erst ein Schritt, dann noch einer, schon schwebte ich mit ihm über die Eisfläche.

"ich habe dich schon erwartet.", sprach er sanft. Verwirrt sah ich ihn an. Ein freches Grinsen zierte sein Gesicht.

"aber wie...", hob ich an doch er unterbrach mich sofort. "Nicht nur du hast mich all die Jahre beobachtet sondern ich dich auch.. von hier aus ist die Sicht auf euer Erkerfenster für mich genau so gut wie für dich der Blick hierher.", sagte er  und hielt mitten auf der Eisfläche an, "Und da ist noch etwas..." "Was denn?", fragte ich neugierig.

Statt zu antworten zog er mich mit einem galanten Schwung so nah an sich heran, das sich unsere Oberkörper berührten und küsste mich zärtlich auf den Mund. Die Worte die dann folgten hallten auf dem ganzen See wieder und bescherten mir und meinem Herzen das beste Weihnachtsfest, das ich je erlebt hatte.

Denn sein Mund formte die Worte; "Ich liebe dich!"

 

 

©Sabrina Goebel

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