Advent Advent, der Weihbaum brennt?

 

Ja, richtig gelesen. Der "Weihbaum".

Ihr wisst nicht was das ist? - Na dann lasst es mich euch erzählen.

Wo fange ich am besten an.....Ah ja ich weiß:

 

Es war in einem kleinen Dorf zur Zeit des tiefen Winters.

Die Straßen und Häuser mit kristallenem Schnee bedeckt, glitzernde Eiszapfen wanden sich grazil an den Dachrinnen herab.

Eine malerische Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Doch die Idylle trügte.

 

Inmitten des Dorfes gab es ein einziges Haus dessen altes Schindeldach den Schneemassen nicht stand gehalten hatte.

Die vierköpfige Familie die darin lebte, hatte es gerade mal geschafft die Stützbalken und das restliche Holzgebälk zu stabilisieren bevor der Schneefall erneut einsetzte. Jeden Abend klagten sie sich gegenseitig ihr Leid von Kälte und Nässe. Da nicht genug Geld da war, konnte auch keine Firma das Dach neu eindecken. Zumal wer würde das schon tun am Tag vor dem 2. Advent mitten in der Vorweihnachtszeit...

 

Der Vater war sich sicher das dies niemand tun würde.

Als letzten Versuch etwas an der Lage zu ändern stieg er an jenem Abend hoch hinauf ins Dachgebälk.

In seiner Hand hielt er den vertrockneten Weihnachtsbaum vom Jahr zuvor, den er eigentlich schon lange hatte wegschmeißen sollen wie schon seinerzeit den Richtkranz. Denn das kleine Dorf irgendwo im Nirgendwo hatte einen eigenartigen Brauch.

Der besagte, das wenn ein Bauvorhaben scheiterte, der Weihbaum, also ursprünglich der Richtkranz oder Richtbaum , für alle sichtbar abgebrannt wurde.

Warum wusste niemand. Und da er den "Weihbaum" von einst nun mal nicht mehr hatte musste dafür eben der letztjährige Weihnachtsbaum herhalten.

"Ist ja auch in gewisser Weise ein "Weihbaum".", dachte er bei sich und befestigte den Nadelbaum am Firstbalken.

 

Sein Sturmfeuerzeug schnappte auf und nur Sekunden später brannte der arme alte Baum wie eine große Fackel.

Irgendwie gab dem Vater das Betrachten des lodernden Feuers, das seltsamerweise nicht seinen Dachstuhl ansengte, wieder ein wenig mehr Hoffnung.

Nicht viel nur ein Fünkchen. Ganze Stunden dauerte es dann fiel wieder Schnee und die Tanne, die nun ein verkohltes Häufchen Elend war, verlosch.

Wind zog auf und fegte die Überreste als Aschewolke vom First.

Hätte die Mutter nicht nach dem Vater gesehen so hätte er wohl noch ewig dort oben gehockt, so fasziniert war er von seiner Konstruktion.

Doch stattdessen ging er mit seiner Frau zurück zu den Kindern, die sich im Wohnzimmer ein Stockwerk unter dem Dachboden zusammengekauert hatten. Bibbernd und zitternd krochen sie unter ihre Decken und schliefen schließlich ein.

 

Als der Morgen anbrach, war die Mutter diejenige die als erste erwachte. Schlaftrunken packte sie sich in ihre Winterkleidung ein um wie jeden Morgen beim Bäcker Brot zu holen. Die Haustür hinter sich zugezogen hob sie, wie auch die letzten Tage zuvor, ihren Kopf gen Himmel und sah zum Dach empor. "Jeden Tag das selbe. Blankes Holz inmitten von weißen Schneema....", ihr stockte der Atem. Ihre Augen weiteten sich kurz dann rannte sie wie ein geölter Blitz zurück ins Haus. "Wacht auf!", rief sie hastig, "Wacht auf! Es ist ein Wunder!"

Vor Schreck fielen der Mann und die Kinder gleichzeitig aus den Betten. Eilig warfen sie sich ihre dicken Wintermäntel über und liefen der Mutter hinterher nach draußen. Gemeinsam blickten alle vier hinauf zum Dach.

Es dauerte eine ganze Weile bis sie begriffen hatten was sie da sahen.

"Das Dach ist eingedeckt. Wie ist das möglich?", japste der Vater. "Hier klebt ein Umschlag an der Haustür.", sagte eines der Kinder. "wo ? Zeig bitte her.", erwiderte der Vater verdutzt. Das Kind tat wie es ihm aufgetragen wurde und überreichte seinem Vater den Umschlag.

Das laute R-r-r-r-ratsch hallte von überall wieder.

Die Familie rückte dem Vater ganz dicht auf die Pelle um mitlesen zu können.

"Darum also gibt es diesen Brauch.", flüsterte die Mutter kurz darauf und gab dem Vater freudig einen Kuss.

Alle sahen sie an und nickten mit einem riesigen Lächeln im Gesicht.

Ohne ein weiteres Wort gingen sie gemeinsam wieder ins Haus.

 

Der verheißungsvolle weiße Zettel aus dem Umschlag sank hinab wie ein Blatt aufs seichte Wasser. Auf ihm stand in goldenen Lettern geschrieben:

"Wir sind dem Weihbaum gefolgt

der lichterloh brannte

durch unsere Hand

sich das Glück euch zuwandte."

 

gezeichnet

Die Handwerkerzunft

von Schneebruchhausen

2. Advent (das Jahr ist uns entfallen)

 

 



©Sabrina Goebel

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